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Nibali erlebt Sternstunde, Froome erleidet Schiffbruch auf härtester Etappe von Tirreno-Adriatico
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11.03.2013

Nibali erlebt Sternstunde, Froome erleidet Schiffbruch auf härtester Etappe von Tirreno-Adriatico

Info: TIRRENO - ADRIATICO 2013
Autor: Felix Griep (Werfel)



Porto Sant'Elpidio, 11.03.2013 – Das Team Sky ist eine beeindruckende Macht, wenn es darauf ankommt, mit seiner Vielzahl starker Fahrer an großen Bergen die Konkurrenz zu dominieren, zu dezimieren, ja gar zu demoralisieren. Doch auf einer Etappe wie der heutigen bei Tirreno-Adriatico, die über eine Unmenge kleiner Anstiege mit teilweise beinahe 30 Prozent Steigung führt, können Teamkollegen nur bis zu einem gewissen Punkt helfen, dann müssen die Kapitäne im Kreuzfeuer der Attacken überleben. Chris Froome (Sky Procycling) konnte diese schwere Prüfung nicht bestehen, ging im wiedergekehrten Regen förmlich unter und verlor das Blaue Trikot an Vorjahressieger Vincenzo Nibali (Astana). Peter Sagan (Cannondale) behauptete sich inmitten des brutalen Kampfes um den Gesamtsieg zeigte seine Extraklasse mit einem weiteren Etappensieg.

Eine große Gruppe – viele kleine Anstiege
An den vergangenen beiden Tagen ging es Pässe hinauf, die deutlich über der 1000-Meter-Grenze lagen. Die höchste Erhebung auf der 6. Etappe maß vergleichsweise winzige 290 Meter über Normalnull. Doch mit zwanzig aus dem Streckenprofil deutlich herausstechenden Anstiegen kamen 2335 Höhenmeter zusammen – gemäß den nicht immer hundertprozentig genauen Angaben in der Marschtabelle. Die „Dunkelziffer“ dürfte wie immer höher gelegen haben. Gestartet wurde an der Adriaküste in Porto Sant'Elpidio, erst bei der dritten Rückkehr in den Ort endete die Etappe nach 209 Kilometern. Zu Beginn war das Wetter freundlich und einer große Fluchtgruppe mit 16 Fahrern durften durchaus Chancen eingeräumt werden, auf der klassikerähnlichen Strecke zu bestehen. Weil aber mit Rinaldo Nocentini (AG2R La Mondiale), dem 19. der Gesamtwertung, ein potentiell gefährlicher Fahrer dazu gehörte, war Sky Procycling um Kontrolle des Rückstandes bemüht. Nur diesen einen Tag musste man noch überstehen, dann hätte Chris Froome im Abschlusszeitfahren den Gesamtsieg wohl locker unter Dach und Fach gebracht. Dafür wurde sogar extra Sergio Henao (Gesamtzehnter) zurückbeordert, den es mit in die Gruppe verschlagen hatte. Man wollte lieber alle Kräfte an einer Front bündeln, anstatt diese taktisch durchaus reizvolle Variante mit dem eigenen Mann in der Spitze zu wagen. Mehr als viereinhalb Minuten Vorsprung gab es nicht für Nocentini und seine Begleiter, zu denen dessen Teamkollege Matteo Montaguti gehörte. Auch Beñat Intxausti und Giovanni Visconti (Movistar), Daryl Impey und Stuart O'Grady (Orica-GreenEdge), sowie Tom Dumoulin und Mathieu Sprick (Argos-Shimano) bildeten Pärchen. Desweiteren fanden sich unter den Ausreißern Lars Boom (Blanco), Egoi Martinez (Euskaltel Euskadi), Angel Vicioso (Katusha), Mirko Selvaggi (Vacansoleil-DCM), Mauro Finetto (Vini Fantini), der Schweizer Fabian Cancellara (RadioShack-Leopard), der Deutsche Paul Voß (NetApp-Endura), dem als 24. des Gesamtklassements eine starke Leistung zu attestieren ist, und kein geringerer als Damiano Cunego (Lampre-Merida).

Regen und Rampen nehmen vielen Fahrern die Lust
Cunego plante seinen nächsten großen Auftritt, nur einen Tag nach dem leider erfolglosen Solo über den Passo Lanciano. Nach 72 Kilometern gewann der „kleine Prinz“ die Bergwertung in Sant'Elpidio a Mare und zog damit an Cesare Benedetti (NetApp-Endura) vorbei, der sich vom Bergtrikot verabschieden musste. Dieser Anstieg nötigte einige Fahrer auf seinen letzten horrend steilen 400 Metern (20% Steigung im Schnitt, 27% maximal) dazu, in Schlangenlinien geradezu hinaufzukriechen, um nicht absteigen zu müssen. Dreimal insgesamt musste man diese Tortur überstehen und viele der Hügel dazwischen hatten ähnlich schlimme Rampen. Da zur Mitte des Tages auch noch Regen einsetzte, war nicht verwunderlich, dass rund ein Drittel der Teilnehmer die Option eines frühzeitigen freiwilligen Ausstiegs zog. Sant'Elpidio a Mare erreichte man zum zweiten Mal 46 Kilometer vor dem Ziel. Am nicht minder schwierigen Anstieg in Montegranaro, der direkt davor überquert wurde, hatte sich Dumoulin aus der Spitzengruppe abgesetzt. Cunego holte ihn vor der Bergwertung ein und sicherte sich nochmals maximale Punkte. Nur fünf der restlichen Ausreißer – Martinez, Intxausti, Visconti, Impey und Selvaggi – fanden wieder Anschluss an das Duo, ehe es mit einer Zielpassage auf die letzte 30 Kilometer lange Runde ging. Das bereits massiv gerupfte Hauptfeld folgte mit 1:55 Minute Rückstand, nicht mehr angeführt von Sky, sondern von Cannondale. Abermals ging es in Richtung Sant'Elpidio a Mare, wo sich die Ereignisse überschlugen. Vorne war es erneut Dumoulin, der Angriff, dann aber von Intxausti überholt wurde. Der Spanier führte an der Bergwertung, dicht gefolgt von Vincenzo Nibali (Astana) und Samuel Sanchez (Euskaltel Euskadi). In der kurzen Abfahrt holten die beiden den letzten verblieben Flüchtling ein und von hinten schloss Peter Sagan (Cannondale) auf, während mit Froome und Alberto Contador (Saxo-Tinkoff) der Erste und Zweite der Gesamtwertung zurücklagen.

Nibali stürzt Froome vom Thron – Sagan jubelt über zweiten Sieg
Nibali ließ mit seiner unbändigen Power auch in der Abfahrt von Sant'Elpidio a Mare und in einer sich schnell anschließenden Gegensteigung nicht nach. Das war zu viel für den platten Intxausti und für Sanchez, nur Sagan ließ nicht ab vom Hinterrad seines früheren Liquigas-Partners. Es kostete Joaquin Rodriguez (Katusha) einen gewaltigen Kraftakt, doch der Spanier schaffte es, sich auf den letzten ansteigenden Metern des Rennens nach vorne zu kämpfen. Auf den verbleibenden zehn Kilometern war das Trio von niemandem mehr einzuholen und den Zielsprint gewann – alles andere als überraschend – Sagan. Bei Tirreno-Adriatico hat der Slowake wieder einmal viele Aspekte seiner Klasse gezeigt, siegte auf der 3. Etappe gegen die Topsprinter Cavendish und Greipel und bot auch auf einer so schweren Etappe wie heute eine überaus souveräne Vorstellung. Eine erste Verfolgergruppe mit Mauro Santambrogio (Vini Fantini), Sanchez, Chris Horner (RadioShack-Leopard) und Contador kam 44 Sekunden nach Sagan ins Ziel, 42 nach Nibali und Rodriguez. Weitere sechs Sekunden dahinter: eine zwölfköpfige Gruppe, angeführt von Jürgen Roelandts (Lotto Belisol), Thor Hushovd (BMC Racing Team) und Simon Geschke (Argos-Shimano). An deren Ende hing der geschlagene Froome, der von Nibalis Attacke an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gebracht wurde. 20 Sekunden Vorsprung hatte Froome gestern, heute liegt er 34 hinter Nibali, welcher der Wiederholung seines Tirreno-Adriatico-Sieges von 2012 ganz nahe ist. Rodriguez (+0:37) kletterte von Platz sieben auf den untersten Podestrang, den er gegen die starken Zeitfahrer Contador (+0:48) und Michal Kwiatkowski (Omega Pharma-Quick Step/+0:58) aber wohl nur schwerlich wird verteidigen können.

-> Zum Resultat

Ein kleines Fünkchen Hoffnung existiert für Froome noch, das Blatt im morgigen Zeitfahren erneut zu wenden. Doch bräuchte es eine herausragende Leistung des Olmpiadritten, um zurückzuschlagen. 2012 war Nibali auf demselben Kurs nur 20 Sekunden hinter Sieger Cancellara Neunter.





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