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Landis auf Pressekonferenz: „Es handelt sich hier nicht um einen Dopingfall“ - Klöden fühlt sich betrogen
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28.07.2006

Landis auf Pressekonferenz: „Es handelt sich hier nicht um einen Dopingfall“ - Klöden fühlt sich betrogen

Autor: Jörg Schröder

Die Radsportwelt wurde gestern neu erschüttert: Durch das bekannt werden der positiven A-Probe des frischgebackenen Tour de France Siegers Floyd Landis. In der Dopingprobe nach der 17. Etappe nach Morzine, bei der er die Konkurrenz in Grund und Boden gefahren hatte, wurden unnatürlich hohe Mengen Testosteron festgestellt. Heute stellte sich der Phonakprofi der Presse in Madrid.

Im Laufe der etwas chaotisch wirkenden Pressekonferenz, zu der Landis in einem betont lässig wirkenden Outfit erschieden war und während der er die ganz Zeit sehr ruhig wirkte, wiederholte der Amerikaner immer wieder: „Ich möchte absolut klarstellen, dass ich meinen Fall nicht für einen Doping-Fall halte“.
Warum man ihm glauben schenken sollte, wo doch viele andere positiv getestete Fahrer vor ihm auch lange ihre Unschuld beteuerten, konnte er den anwesenden Personen nicht verdeutlichen.

Neue Erkenntnisse konnten durch die etwa halbstündige Pressekonferenz im Madrider Hotel Miguel Angel kaum gewonnen werden. Vielmehr ließ Landis mittels eines vorgefertigten Schriftstückes verlauten, das die Presse und alle anderen nicht von einem Dopingfall in seinem Fall reden sollten. Es handele sich schließlich um keinen, da seine Testosteronwerte „absolut natürlich“ seien und er wie viele andere Sportler des Öfteren hohe Werte habe.
“Mein Sieg ist einzig auf mein hartes Training zurückzuführen", beteuerte der Amerikaner immer wieder. Er sei nach wie vor stolz auf seinen Tour de France Sieg. Er sei der Stärkste gewesen und habe somit zu Recht gewonnen.
Bis zur Öffnung und der endgültigen Analyse der B-Probe muss Landis in der Tat als unschuldig angesehen werden. Für den Fall einer Bestätigung des ersten Tests wolle er sich mit seinen Anwälten über das weitere Vorgehen beraten, um seine Unschuld beweisen zu können, antwortete er einem spanischen Journalisten auf Nachfrage.

Landis gab seine Stellungnahme in Madrid ab, da er mit dem spanischen Anwalt José Maria Buxeda zusammen arbeitet, der auch den Spanier Roberto Heras, der bei der letzten Vuelta positiv auf EPO getestet worden war und dem der Sieg aberkannt wurde, vertrat. Buxeda saß bei der Pressekonferenz in Madrid neben Landis und antworte auf Fragen der Journalisten immer auf die gleiche Weise: Landis habe nicht gedopt und das werde sich noch herausstellen.

Eine Erklärungsmöglichkeit für den Befund sieht Landis in der Tatsache, das er am Abend vorher "zwei Bier und mindestens vier Whisky" zu sich genommen habe. Dies könne unter Umständen zu einem unerlaubt hohen Wert geführt haben. Bisher seien alle seine Werte „absolut natürlich“ gewesen. Auch weiterhin wolle er sich Dopingkontrollen stellen, schließlich habe er nichts zu verbergen und er zweifele die Arbeit der Kontrolleure auch nicht an.


Klöden „Ich fühle mich betrogen“ / Zabel: „Es muss viel passieren"
Im Laufe des Tages hatten sich bereits andere Radprofis zu Wort gemeldet. So ließ der Tour Dritte Andreas Klöden, der bei einer Disqualifikation von Landis auf den 2. Platz vorrücken wurde, verlauten: „Wenn die B-Probe das Resultat bestätigt, fühle ich mich betrogen.“ Allerdings wolle auch niemand die Tour auf diese Art und Weise gewinnen. Eine generelle Verurteilung des Radsports wollte er aber nicht zulassen: „Man darf nicht alle über einen Kamm scheren. Von 1000 Athleten sind ein paar schwarze Schafe dabei. Wir haben im Radsport ein gutes Kontrollsystem.“

Deutlicher wurde sein ehemaliger Teamkollege Erik Zabel: „Die Zeit der Schonfrist ist vorbei. So kann es nicht weiter gehen. Es muss viel passieren“. Er forderte die Organisatoren der Tour auf, die Anforderungen an die Sportler zu überdenken, man solle an die denken, die „nur mit Wasser und Brot“ unterwegs seien. „Man muss nicht drei schwere Alpen-Etappen in Folge ins Programm nehmen. Der Sieger muss auch nicht 41 km/h im Schnitt fahren. 39 km/h reichen auch“, so der Top-Sprinter. Gleichzeitig wandte der sich als Vielfahrer bekannte mehrmalige Sieger des Grünen Trikots bei der Tour an einige Berufskollegen, ohne Namen zu nennen: „Die Fahrer dürfen sich nicht nur die Rosinen rauspicken, sondern sollten mehr die Eintagesklassiker fahren“.

Damit sprach Zabel den von den Fahrern selbst aufgebauten Druck auf die Fahrer an. Da viele Topfahrer ihr Augenmerk in den letzten Jahren auf die Tour legten, stieg das Ansehen der Rundfahrt im Vergleich zu den anderen Rennen immer mehr, so das auch in den Medien der Erfolg fast nur bei diesen Rennen Erwähnung fand und findet. Dieser Druck, in den drei Wochen im Jahr seine beste Leistung abrufen zu müssen, verleitet logischerweise eher zum Griff nach unerlaubten Hilfsmitteln.


ZDF fodert Teamsperren
Nach dem das ZDF gestern verlauten ließ, ernsthafte Überlegungen über den Ausstieg aus der Tourberichterstattung anzustrengen (LIVE-Radsport berichtete), verkündete Chefredakteur Nikolaus Brender der in Kassel erscheinenden HNA (Ausgabe vom morgigen Samstag), „Es stellt sich beispielsweise die Frage, ob es mit individuellen Strafen für die betroffenen Fahrer getan ist - oder ob nicht vielmehr auch die Rennställe sanktioniert werden müssen“. Die Rennstelle seien nun einfach in der Pflicht und müssten auch in diese genommen werden.

Eine ein- oder mehrjährige Sperre eines ganzen Rennstalls hätte nach seiner Ansicht einschneidende wirtschaftliche Konsequenzen für Sponsoren und das gesamte Team. Brender teilte darüber hinaus mit, dass das ZDF nur dann weiter über die Tour de France berichten werde, wenn es einige deutliche Veränderungen geben werde.


Mehr zu dem positiven Test von Floyd Landis und anderen Entwicklungen in Doping-Angelegenheiten in unserem Live-Doping-Ticker:
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